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Reformatorische Frauen aus der Dunkelheit ins Licht geholt

  • Im Album kleben Abzüge von vielen Bildern von Margarethe Thomsen.
  • Diakonin Sabine Klüh (zweite von rechts) mit einem Teil des Beirats des Frauenwerks des Kirchenkreises Rendsburg-Eckernförde.
  • "Kommen Sie miteinander ins Gespräch", forderte Diakonin Klüh die Gottesdienstbesucher auf - bald darauf erfüllte das Gemurmel der zahlreichen Gottesdienst-Besucher die Kirche.
  • Ulrike Koertge, Leiterin des Frauenwerks der Nordkirche, zeigte sich beeindruckt von der Energie, Freude, Kreativität und Begeisterung, mit der die Frauen im Kirchenkreis an der Ausstellung mitgewirkt hatten.
  • Propst Sönke Funck hat erst in den letzten Jahren gelernt, welch wichtige Frau seine Urgroßmutter war.
  • Die Ur-Ur-Enkelin von Margarethe Thomsen verfolgte den Gottesdienst von einem sonnigen Plätzchen aus. Im Hintergrund: Ein handgefertigtes Spiel, mit dem das Leben von Margarethe Thomsen erspielt werden kann.

Viele erleuchtete Stelen zeigen reformatorische Frauen aus den letzten Jahrhunderten – nur zwei von ihnen musste Diakonin Sabine Klüh für die Dauer des Gottesdienstes das Licht nehmen, „Weil die eine Dame nicht aufhört zu reden“, erklärt sie. In das Ausstellungsstück integriert ist eine Aufzeichnung eines Fernsehinterviews, die sich nicht ausschalten lässt. Beinahe unbelastet von Nebengeräuschen konnten dann der Gottesdienst und die damit verbundene Eröffnung der Ausstellung „…von gar nicht abschätzbarer Bedeutung“ ihren Lauf nehmen. 

Im Zentrum des von Pastorin Brigitte Gottuk geleiteten Gottesdienstes stand Margarethe Thomsen, die Reformations-Frau des Kirchenkreises Rendsburg-Eckernförde. Ihr Engagement machte sie zu einer wichtigen Vertreterin ökologischer, feministischer und politisch-kirchlicher Reformbewegungen der späten Kaiserzeit und der Weimarer Republik. Mit in der St. Nicolai-Kirche in Eckernförde: Ihre Nachkommen bis zur Ururenkelin. Einer ihrer Nachfahren erzählte dann auch im Anschluss an den Gottesdienst, wie vielfältig sein Leben mit dem von Margarethe Thomsen verknüpft ist – und wie wenig bewusst ihm war, welch wichtige Frau seine Urgroßmutter war: Propst Sönke Funck. 

Als Vikar zog Propst Funck einst in das Pastorat in Ascheffel, ein sehr großes Gebäude. Wie er später erfuhr, lebte dort früher ein Propst, der 21 Kinder hatte. Diesem Propst ist es zu verdanken, dass Margarethe Thomsen in jungen Jahren viel lernen konnte, er förderte ihren Wissensdurst. In diesem Gebäude erhielt sie ihren Konfirmandenunterricht und lernte mit den Kindern des Propsten. Thomsen wurde 1874 in Damendorf geboren, heiratete nach Friedrichstadt, kehrte aber später mit ihrem Mann zurück auf den Hof ihrer Eltern und blieb dort bis sie 1963 starb. Auf ebendiesem Hof half Propst Funck als Kind bei der Ernte. 

Margarethe Thomsen war überzeugte Pazifistin und gläubige Protestantin. Sie trat für eine gesunde Lebensführung, die Einführung des Frauenstimmrechts und eine „tiefer gehende, umfassendere Reformation“ der Kirche nach dem ersten Weltkrieg ein. Unter anderem befürwortete sie die strikte Trennung von Kirche und Staat.  Für die Ausstellung entdeckt wurde sie völlig ohne das Zutun des Propsten: Die Frauenarbeit des Kirchenkreises suchte in Archiven nach Frauen, die für die Ausstellung in Frage kamen. Sie fanden Margarethe Thomsen und begannen eine Jagd nach Informationen. Mit großer Unterstützung durch die Nachkommen konnte viel zusammen getragen werden: Von ihr verfasste Briefe, aber vor allem viele Fotos. Abzüge davon können in einem Album in der Ausstellung bewundert werden. 

Das Reformationsjubiläum sieht häufig sehr männerlastig aus: Martin Luther als Reformator steht im Mittelpunkt, flankiert von anderen Männern. Das liegt wohl vor allem daran, dass Geschichtsschreibung viele Jahrhunderte lang eine Männerdomäne war. Die Wanderausstellung der Nordkirche „…von garnicht abschätzbarer Bedeutung“ will das nun ändern. Ihren Namen bekam sie von einem Zitat aus einem Bericht zur Amtseinführung der ersten Pastorin, Elisabeth Haseloff 1959 in Lübeck. Die Illustrierte Quick schrieb damals: „Der Herr Pastor ist – eine Frau“ und „Ein Ereignis von gar nicht abschätzbarer Bedeutung“. 

Die Ausstellung ist eine Kooperation des Frauenwerkes der Nordkirche und der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, auf Seiten des Frauenwerks wurde für die Erarbeitung der Ausstellung eine Projektstelle eingerichtet. Die Frauen, die in dieser Ausstellung vorgestellt werden sollten, sollten aus allen Jahrhunderten kommen, aber bereits verstorben sein (um einen Personenkult zu vermeiden). Dabei sollten die Frauen im besten Wortsinne reformatorisch gewirkt haben, also die Kirche und/oder die Gesellschaft erneuert und verbessert haben.

Die Ausstellung ist vom 26. August bis zum 8. September in der St. Nicolaikirche Eckernförde von Montags bis Freitags zwischen 10 und 17 Uhr zu sehen. Führungen können mit Diakonin Sabine Klüh vereinbart werden (04331-9456040, bis zwei Tage vor dem Wunschtermin).

Kirche im Norden