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An der Weggabelung

  • „Mein innerstes Leben soll so leuchten, dass andere Menschen Mut beziehen": Henning Halver während des Gottesdienstes.
  • Geschafft, mit Gottes Segen.
  • Karen Jensen, Leiterin des Zentrums für Kirchliche Dienste (links) und Propst Sönke Funck verabschiedeten gemeinsam mit vielen Freunden Pastor Henning Halver in den Ruhestand.

Rendsburg – In der katholischen Kirche St. Michael in Rendsburg erklang am Donnerstagabend arabische Musik für eine evangelische Gemeinde: Rund 120 geladene Gäste waren gekommen, um Pastor Henning Halver zu verabschieden, der zuletzt viele Jahre auf der Ökumenischen Arbeitsstelle gewirkt hat. Propst Sönke Funck brachte es auf den Punkt: „Dass wir heute einen evangelischen Gottesdienst in einer katholischen Kirche feiern und ein arabisches Lied hören – auch das ist die Frucht Deines Wirkens, lieber Henning.“

Fast 40 Jahre war Halver Pastor im Kirchenkreis Rendsburg-Eckernförde, lange Zeit gemeinsam mit seiner Frau als Gemeindepastor in Wacken, ab 2006 in Rendsburg auf der Ökumenischen Arbeitsstelle. Seine Frau ist bereits seit dem letzten Jahr im Ruhestand, sie erwartet ihn also und konnte ihn darauf vorbereiten, wie sich das anfühlt. Denn: „die unbändige, erleichterte, über Jahre heruntergezählte Vorfreude auf den Ruhestand - ENDLICH! - die ist nicht Deins, lieber Henning,“ stellte Funck fest. Es passe nicht zu seiner Persönlichkeit, seiner Lust am Arbeiten und nicht zuletzt zu den vielen Fragen des Glaubens und Verstehens, die ja nie fertig und beantwortet seien.

Ergründen, erkunden, lernen

Diese vielen Fragen, erzählt Halver in seiner Predigt, waren es, die ihn damals zum Theologiestudium trieben: „Ich möchte das selber ergründen, erkunden, lernen, lesen, begreifen. Ja, ich möchte glauben, möchte vertrauen und zugleich möchte ich begreifen, verstehen, durchdenken und miteinander diskutierend erarbeiten, wer Gott für uns ist und was Christus für mich, für uns bedeutet – und wie wir glaubenlebende Gemeinde, Kirche sein können und sollen.“ Halvers Vater war selbst Pastor am Zentrum für Mission und Ökumene in Breklum, starb aber, als Henning sieben Jahre alt war. Die Familie blieb in Breklum, und der junge Henning erlebte viele Pastoren. „Die wussten so viel, die konnten alles erklären und begründen und erläutern und festlegen, was zu glauben sei - und ich fragte mich: Wie können die so sicher sein in ihrem Interpretieren und Theologisieren?“

Doch weder sein Studium der Theologie, noch die beinahe 40 Jahre als Pastor scheinen ausreichend gewesen zu sein: „Ich bin längst noch nicht am Ende meines Nachdenkens, meines Begreifens, meiner Versuche zu verstehen und in Worte zu fassen. Aber es ist für mich unendlich wertvoll, glauben zu können, dass Gott sich uns in Christus offenbart hat, will sagen: dass Gott sich uns Menschen als Bruder, als Mitmensch, als Weggefährte an die Seite gestellt hat – in allen Dimensionen unseres Lebens. Gott will mit uns, in uns und durch uns im Reden und Handeln wirksam werden unter den Menschen, in der Welt. Sodass durch unsere Spuren Gott, Christus spürbar wird für andere.“

Eine wortgewaltige Predigt des fast 65-jährigen Pastors zu seinem Festgottesdienst. Auch Funck hielt in seiner Rede fest: „Bewegend warst und bist Du immer gewesen in allem, was du getan und gesagt hast. Deine Stimme im ZeKiD, im Kirchenkreis mit seinen Gremien, in der Synode, im Chor der Pastorinnen und Pastoren hatte immer großes Gewicht.“ Nun war der scheidende Pastor auch selbst hörbar bewegt. Am Ende seiner Predigt kratzte die Stimme mehrfach verdächtig, Räuspern rettete in dem Moment knapp.

Wahrhaftig die Abendsonne

Und damit war er nicht allein, in vielen Gesichtern konnte man hier und da ein feuchtes Funkeln sehen beim Gedanken, dass dieses Urgestein der Ökumene nun den wohlverdienten Ruhestand antritt. Zum Beispiel, als Halver den Psalm 34 mit der Gemeinde sprechen will und beginnt: „Mein Leben lang will ich weitererzählen, wie großartig Gott ist.“ Schon das passt sehr, denn Halver wird immer Pastor bleiben, weil es nicht nur sein Beruf ist, sondern seine Berufung. Aber nun antwortet die Gemeinde (und in diesem Moment durchbricht wahrhaftig die Abendsonne die Wolkendecke dieses Tages und scheint durch die westlichen Fenster von St. Michael): „Mein innerstes Leben soll so leuchten, dass andere Menschen Mut beziehen, wenn es ihnen schlecht geht.“

Mut, wie ihn Hanne Pischke 2007 gefühlt haben muss. Die Rührung ist ihr anzusehen im Gottesdienst. Später erzählt sie, wie sehr Henning sie damals zu ihrem Schulprojekt in den tansanischen Pare-Bergen ermuntert hat. 44 Kindern dort hat sie mittlerweile Patenschaften aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde vermittelt, damit sie Schulbildung und zum Teil Ausbildungen genießen können. Noch heute sitzt sie im Ökumeneausschuss, "seinetwegen", sagt sie und deutet auf Halver, der im Pulk der Festgäste steht und dann sitzt und dann wieder steht und die vielen Reden, Gedichte und Gesänge übersteht, wohl freudig-beschämt, wehmütig, traurig und zuversichtlich zugleich.

Sönke Funck sagte es so: „Du wirst uns fehlen, lieber Henning. Und wir Dir wahrscheinlich auch.“

Kirche im Norden