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Die Religionen erhalten Gesichter

  • Michael Jordan, Pastor von St. Nicolai, Tourismuspastorin Brigitte Gottuk und Propst Sönke Funck (v.l.)
  • Propst Sönke Funck eröffnet die Ausstellung #Religramme - Gesichter der Religionen
  • Wie können wir Vorurteile und Ängste abbauen?“ Besucherin vor Dimitris Porträt
  • Vernissage der #Religramme

Eckernförde – Es sind die Gesichter, die uns anziehen im weiten lichten Raum von St. Nicolai. Zum Teil schauen sie uns an, zum Teil an uns vorbei, Frauen, Männer, nicht alle lächelnd, aber alle offen. Als träfen wir sie auf dem Marktplatz, in einer Sporthalle, beim Konzert oder einer guten Party. Sie wollen etwas erzählen und laden uns ein zum Schauen, Lesen und Lauschen. Und wenn diese Menschen nicht auf Leinwand gebannt wären – sicher würden sie auch uns zuhören. Zumindest können wir, wenn wir dies möchten, mit den leibhaftigen Menschen hinter den Porträts per Instagram chatten (#religramme_ausstellung)

Die Ausstellung #Religramme in Eckernförde zeigt buchstäblich Gesicht. Es sind allesamt Menschen aus Norddeutschland, diese „Gesichter der Religionen“ (so der Untertitel). Und sie erzählen in Bild und Wort und Ton, was sie bewegt, ohne falsche Scham, ohne Pathos, ohne Missionseifer. „Alle 20 Porträtierten hier stehen für ein friedliches Miteinander, für sie alle ist die Meinungs- und die Religionsfreiheit in Deutschland ein hohes Gut“, sagt Brigitte Gottuk. „Und daher setzen die Religramme und unser Begleitprogramm auch ein Zeichen gegen Populismus und vermeintlich einfache Wahrheiten.“ Die Tourismuspastorin des Kirchenkreises Rendsburg-Eckernförde hat zwei Jahre lang daran gearbeitet, die weit gereiste Ausstellung für die kommenden vier Wochen nach Eckernförde zu holen – und damit erstmals überhaupt in den Bereich der Nordkirche.

Kühler Dialograum statt Überhitzung

Entsprechend eröffnete Propst Sönke Funck die #Religramme vor gut 50 Gästen am Mittwochabend mit einem großen Dank an das Ausstellungsteam, die Kirchengemeinde St. Nicolai, das Zentrum für Kirchliche Dienste im Kirchenkreis und insbesondere an Brigitte Gottuk: „Ich freue mich, dass es Ihnen gelungen ist, diese großartige Ausstellung in den Sommermonaten hier in die Nicolaikirche zu bekommen!“ Die physische Kühle einer Kirche tue gut in diesen heißen Tagen – und ein klarer Kopf sei nötig, auch im Mit- und Nebeneinander der Religionen: „Da könnte es nach meinem Dafürhalten gern etwas heruntergekühlter zugehen“, sagte Funck. „Die einen wenden sich ab, die anderen aber überhitzen, instrumentalisieren und missbrauchen ihre Religion.“ Gegen diese Überhitzung helfe nichts besser als Information, Wissen, Neugierde und Austausch. „Die Menschen, die hier von sich erzählen, zeigen ihr Gesicht in der Begegnung und im Dialog – und verstecken sich nicht hinter anonymen Verallgemeinerungen oder den virtuellen Echo- und Filterkammern der digitalen Welt.“

Unterschiedliche Farben zeigen die verschiedenen großen Religionen an: Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam, Judentum. Und auch über das Jesidentum können wir viel lernen: Deutschland beherbergt die meisten Jesiden in der Diaspora seit der Verfolgung durch den sogenannten Islamischen Staat im Irak. Auch in Nordfriesland lebt eine große Gemeinde. Beim Betrachten und Lesen all dessen, was uns die Porträtierten offenherzig erzählen, entstehen auch ruhige Fragen an uns selbst. Gottuk: „Wie leben wir im Alltag eigentlich unseren Glauben? Was ist uns selbst wichtig in der Religion, die wir leben? Oder an Menschen ohne religiöses Bekenntnis: Woran glaubst du eigentlich?“ Denn es gebe kaum Menschen, die nicht glaubten, sagt Gottuk. Und sei es an Geld, Status oder Holstein Kiel.

Selbst ein #Religramm werden?

Der lila Fotorahmen gleich hinterm Eingang zu St. Nicolai, der uns ermuntert: „Mach mit: Zeig‘ uns Dein Gesicht und werde selbst Teil der Religramme!“ – er kommt vielleicht etwas früh für Neugierige, die gerade eben den Weg in die Ausstellung gefunden haben. Doch beim Hinausgehen knipst sich vielleicht der Eine oder die Andere. Und der Ausstellungsort ist wunderbar treffend. Nicht nur, um die #Religramme erneut damit zu verknüpfen, den neu erschaffenen Raum der renovierten Nicolaikirche zu erleben. Sondern weil sich hier auch Einheimische und Urlauber gleichermaßen begegnen. „Wenn Sie Zeit haben“, riet die Pastorin den Besuchern der Vernissage, „dann lesen Sie nicht alle 20 Porträts auf einmal, sondern kommen Sie lieber öfter.“

Michael Jordan, Pastor in St. Nicolai, lud ebenfalls herzlich dazu ein und zitierte den 60-jährigen Dimitri (bei Instagram: @religramme_dimitri), der 2005 in Wolfsburg eine jüdische Gemeinde mitgegründet hat: „An Religion interessiert mich, wie man Brücken zwischen Menschen und Generationen bauen kann. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für Frieden und das gemeinsame Leben auf dieser Erde. Wie können wir Vorurteile und Ängste abbauen?“ Dimitri hat sieben Jahre lang in einem Jugendzentrum gearbeitet, das hauptsächlich von muslimischen Jugendlichen besucht wurde. Irgendwann hat einer der Jungs auf facebook gepostet: „Danke Dimitri, ich habe dank dir gelernt, dass Freundschaft wichtiger als Religion ist.“

Auch jener Jugendliche hat sein Gesicht gezeigt. Und das geht durchaus digital.


Ausstellung „#Religramme – Gesichter der Religionen“ bis 21. Juli in St. Nicolai, Eckernförde: mo 10-13 Uhr, di-so 10-17 Uhr.

Das Begleitprogramm startet so:

  • Do, 27. Juni, um 18.30 Uhr:
    Vortragsreihe „Religion in der Nachbarschaft – Leben und Glauben im Alltag“ startet mit Walter Joshua Pannbacker von der Jüdischen Gemeinde Kiel.

  • Fr, 28. Juni, um 18 Uhr:
    „Evensong“, ein gesungener Abendgottesdienst in anglikanischer Tradition

  • So, 30. Juni um 10 Uhr:
    Gottesdienst mit getanzter (!) Predigt.

Alle Veranstaltungen finden in St. Nicolai statt. Faltblätter mit dem Programm liegen dort aus, im Grünen Haus und in der Stadtbücherei. Kontaktmöglichkeiten mit den Gesichtern der Religionen per Instagram: #religramme_ausstellung

 

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