Gebannt schauen Hannelore Struve, Vorsitzende des Kirchbauvereins Gettorf, und Pastor Björn Ströh, Vorsitzender des Kirchengemeinderats Gettorf, am Freitagvormittag (20. Juni) nach oben Richtung Kirchturm. Dieser ist 64 Meter hoch. Einige Meter darunter schwebt ein Hubsteiger in der Luft. Er transportiert neben dem Fahrzeugführer und dem Monteur der Firma Iversen Dimier, die die Uhren repariert hat, eine kostbare Fracht: die reparierte Uhr der Südseite.
Seit Ende des 15. Jahrhunderts – mit dem Ausbau des Kirchturms – hängen Uhren am Kirchturm und sagen den Gettorfern, was die Stunde geschlagen hat. Die Ziffernblätter beider Uhren stammen aus dem Jahr 1814 – über 200 Jahre alte Kostbarkeiten. Bis März 2025 gab es für beide Uhren ein zentrales Uhrwerk. Funktionierte das nicht mehr richtig, gingen beide Uhren falsch.
Dreimal musste der Monteur mit dem Hubsteiger hochfahren. Der erste Arbeitsgang war der Austausch der alten Dübel durch neue eingeklebte Edelstahlbolzen. Denn die rund 50 Kilogramm schwere Uhr wird nur mit vier Schrauben an der Turmwand befestigt. Und die müssen fest in der Wand verankert sein, um die Uhr auch bei Sturm zu halten.
Die zweite Fahrt mit dem Hubsteiger war die entscheidende, bei der alle Anwesenden gebannt nach oben blickten: Noch in Schutzfolie verpackt ging es für die Uhr in luftige Höhen. Was dann folgte, gestaltete sich für den Monteur, tatkräftig unterstützt durch den Hubsteigerführer, gar nicht so einfach: das Anbringen der 50 Kilogramm schweren Uhr. Denn die Schrauben mussten auf den Millimeter genau in die Edelstahlbolzen gesetzt werden.
Als das geschafft war und die Uhr sicher befestigt zu sein schien, entfernten die beiden Männer die Schutzfolie. Zum Vorschein kam eine glänzende Uhr – als Reaktion auf ihren Anblick applaudierten die Untenstehenden vor Begeisterung, allen voran Hannelore Struve und Pastor Björn Ströh. Blieb noch die dritte Fahrt, denn noch fehlten die Zeiger der Uhr. Danach präsentierte sich die Uhr wie neu.
Die Uhr erhielt einen neuen grünlichen Lack (DB 601), das Ziffernblatt bekam eine neue Blattgoldauflage. Auf rund 15.000 Euro belaufen sich die Gesamtkosten für beide Uhren. Auftraggeber der Reparaturaktion ist die Kirchengemeinde Gettorf. Deren Vorsitzender, Pastor Björn Ströh, freut sich umso mehr über die beiden großzügigen Spenden: „Ich danke sehr der Gemeinde Gettorf für die Spende in Höhe von 3500 Euro und dem Kirchbauverein, der die restliche Summe übernehmen will.“
Unterstützt wurde die Aktion auch von dem Verein "Wir sind Gettorf". Mike Lage drehte mit seiner Drohne ein Video von der Aktion. Nach dem Anbringen der Uhr auf der Südseite erfolgte die Aktion auf der Nordseite der St.-Jürgen-Kirche. Jede Uhr hat jetzt ihr eigenes Uhrwerk. Auf diese Weise wird verhindert, dass sie sich gegenseitig beeinflussen, sollte eine einmal kaputt sein. Seit Freitag können die Gettorfer wieder ihrer täglichen Gewohnheit nachgehen, einen Blick auf die Kirchturmuhr werfen und sehen, was ihnen die Stunde schlägt.
(Text und Fotos: Susanne Karkossa-Schwarz, Amt Dänischer Wohld)